Die Geschichte der Dörfer

Die Sage:

Ihre Entstehung verdanken beide Dörfer dem König Heinrich I., den man wohl auch, wegen seiner Liebe zum Vogelfange, den Vogelsteller, Vogler oder Finkler zu nennen pflegt.

In einer schriftlichen Nachricht, welche sich aus späteren Zeiten darüber vorfindet, ist ganz bestimmt das Jahr 914, als das Jahr der ersten Gründung, angegeben worden.

Als einst Heinrich - so erzählt man - seinen Lieblingsherd besucht hatte, und eben mit einer reichen Beute nach Staufenburg zurückkehren wollte, wurde er auf der Stelle, wo heute die Ahlshäuser Kirche steht, von einem wütenden Bären angefallen. 
(Die schriftlichen Nachrichten sagen, dieß sey auf einer Bärenjagd geschehen.)

Von seinem Gefolge getrennt, kämpfte er anfangs allein muthig gegen das grimmige Thier, ohne es besiegen zu können. Es eilten ihm bald auf sein Rufen ein paar Jagdjunker [...], die Brüder gewesen, zu Hülfe.

Erst nach langer Anstrengung gelang es Allen, das wüthende Thier zu erlegen. [...]

Sein frommer Sinn gab ihm den Rath ein, dem Herrn diesen Orth zu weihen, und auf demselben eine Capelle zu erbauen. [...] Diese wurde zur Ehre St. Blasii erbauet.

Seinen sichtbaren Helfern aber, dem Bruderpaare Adolph und Siegfried [oder Sievert], die zu Rittern geschlagen wurden, schenkte Heinrich diese Gegend , wahrscheinlich zum Lehne. Adolph wählte sich die westliche Seite des Sonnenberges und nannte den neu gestifteten Ort nach seinem Namen Adolphshausen, aus welchem in spätern Zeiten durch Abkürzung Ahlshausen geworden ist.

Siegfried dagegen benutzte die östliche Seite des Sonnenberges und gründete nicht weit von seiner Burg einen Ort, welchen er den Namen Siegfriedshausen gab, der dann späterhin in Sievershausen umgewandelt wurde.

Auszug aus der Topographie der Dörfer Ahlshausen und Sievershausen, 19tes Stück des Braunschweigischen Magazins von 1825

 

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse

Die Sage über die Gründung Ahls- und Sievershausens klingt spannend. Allerdings drängt sich die Frage auf, ob sich die Geschichte wirklich ereignet hat und die Gründung mit 914 richtig datiert ist.

Die beiden Orte feierten 1914 ein Fest zur Tausend-Jahr-Feier. Dem damaligen Pfarrer, Pastor Wöhler, scheinen Zweifel an der Richtigkeit der Jahreszahl gekommen zu sein. Er bemerkt in einem Schreiben: "Im Jahre 1914 seien tausend Jahre vergangen, wenigstens nach dem sagenhaften Bericht des Ahlshäuser Hauptbuches." Weitere Zweifel scheint es allerdings nicht gegeben zu haben. Gibt es nun heute neuere Erkenntnisse, die die Festlegung des Gründungsjahres der beiden Dörfer auf das Jahr 914 als möglich erscheinen lassen?

Im November 1984 wurden im Bereich des Krieberg-Tunnels (Nordportal) mehrere Bodenverfärbungen festgestellt. "Zusammenfassend läßt sich nur sagen, daß es sich um vor- oder frühgeschichtliche Siedlungsgruben beziehungsweise Ofengruben gehandelt hat, die auf vermutlich frühmittelalterliche (auf jeden Fall bereits metallzeitliche) Siedlungstätigkeit in diesem Bereich Hinweise gibt" (aus einem Schreiben der Beauftragten für archäologische Denkmalpflege im Landkreis Northeim, Frau Werben).

Das frühe Mittelalter datiert etwa von 400 bis 1000. Danach könnte also um das Jahr 914 im Raume des jetzigen Dorfes Ahlshausen eine Siedlungstätigkeit nicht ausgeschlossen werden. Auch nach dem Ortsnamen läßt sich eine gewisse Altersbestimmung vornehmen. Dies kann aber nur ein Hinweis, niemals ein schlüssiger Beweis sein: "Die jüngsten -hausen-Orte werden wir daher dem 9. und der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts zuweisen müssen. [...] Somit bleiben für die Entstehung der Hauptmasse der westostfälischen Ortsnamen auf -hausen [...] das 7. und 8. Jahrhundert übrig. [...] Es enstanden hier Orx-, Opper-, Ahls-, Sievers-, Sebolds- und Dannhausen [...]" (aus einer Abhandlung "Die Ortsnamen des Landkreises Gandersheim" von Flechsig). Nach diesen Worten wäre eine Gründung der Orte Ahls- und Sievershausen in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts nicht ganz auszuschließen.

Schriftliche Namensformen von Ahlshausen:

Aleshusin
"Codex Diplomaticus" aus dem Jahre 1208
"Helmwicus Sacerdos in Aleshusin" (=Helmwich, Priester in Ahlshausen)

Aleshusen
Stiftungsbrief der Äbtissin des Stiftes Gandersheim aus dem Jahre 1238
"tres mansi in aleshusen" (=drei Hufe in Aleshusen)

Zwei Dörfer sollen in der Nähe Ahlshausens gelegen haben: Losbeck und Wartshausen. Beide Orte sollen älteren Ursprungs als Ahls- und Sievershausen gewesen und durch plündernde Söldner zerstört worden sein. An den Ort Losbeck erinnern noch die Flurbezeichnungen "Über den Losbecker Höfen" und die "Losbecker Wiesen". Die so benannten Felder und Wiesen liegen westlich und östlich der Straße nach Opperhausen etwa 400 oder 500 Meter nördlich des Dorfausgangs.

 

Politische Geschichte

Um 1500 gehörten die beiden Ortschaften Ahlshausen-Sievershausen zum Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Fünfzig Jahre später werden sie als eine "Gemeine" erwähnt, die zum "Ambte Staufenburg" zugeordnet ist.

Von 1807 bis 1813 unterstanden sie der Verwaltung des Land-Kantons Einbeck, der im Königreich Westfalen lag.

Von 1814 bis 1825 dauerte die Zugehörigkeit zum Kreisgericht Gandersheim und danach bis 1850 zum Kreisamt Gandersheim. Die Landgemeindeordnung änderte die Bezeichnung Kreisamt in Landkreis um. Durch diese Neuordnung werden die beiden Dörfer in selbständige Gemeinden umgewandelt. Sie behalten aber eine gemeinsame Verwaltung.

Um 1891 werden die beiden Ortschaften wieder zur Gemeinde Ahlshausen-Sievershausen zusammengelegt.

Am 1. März 1974 trat ein vom Niedersächsischen Landtag beschlossenes Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Northeim, Einbeck und Gandersheim in Kraft. Die Gemeinde Ahlshausen-Sievershausen wurde aufgelöst. Die beiden Dörfer wurden Ortsteile der Gemeinde Kreiensen.

Im Zuge der Verwaltungs- und Gebietsreform wurden am 1. August 1977 die Kreise Einbeck und Gandersheim aufgelöst und entweder teilweise oder ganz in den Landkreis Northeim eingegliedert.

Text: Jens Ackermann unter Verwendung der Schrift: "Ahlshausen-Sievershausen: Wissenswertes aus Vergangenheit und Gegenwart, Heft 1", verfasst von Wilhelm Pralle